Diese Zusammenkunft ist der Höhepunkt der Entrepreneurship-Woche, die mittlerweile zeitgleich in 116 Ländern der Welt veranstaltet wird mit dem Ziel, Changemakern der jungen Generation als Ermutigungstankstelle und Plattform für Networking zu dienen. Im Zeitalter von Fridays for Future war natürlich der Themenkomplex Nachhaltigkeit und Soziales ein wichtiger Schwerpunkt.
Brigitte Lindenhofer & Dr. Alexander Piecha
Brigitte Lindenhofer aus Ybbs und ich als Institutsleiter hatten die Gelegenheit, im Track 25 am Mittwochabend den Nyendo-Impuls einer kleinen und nach einem langen Tag mittlerweile auch schon etwas ermüdeten, aber dennoch interessierten Zuhörerschaft zu präsentieren.
Parallel mit uns stellte sich JA (Junior Achievement) vor – eine 1919 in den USA gegründete, weltweit vertretene und in Österreich fest etablierte Organisation, die Schulen einen fundierten Rahmen zur Gründung von Schülerfirmen bietet. Dabei konnten wir einen Kontakt zu den beiden Referentinnen knüpfen – eine Kooperation von nyendo mit JA wäre vielleicht interessant, denn JA liefert einen umfassenden und bis ins Detail ausgearbeiteten formalen Rahmen rund um das Thema Schülerfirmen; nyendo wiederum bietet eine überaus überzeugende inhaltliche Ausrichtung für SchülerInnen an, die sich als Social Entrepreneurs verwirklichen wollen.
Julia Schlögl, Landesbetreuerin von JA für Wien und Niederösterreich, äußerte großes Interesse, an unserem Summit Ostern 2020 im Slum in Nairobi teilzunehmen.
Julia Schlögl, Landesbetreuerin von JA (Junior Achievement) für Wien und Niederösterreich
Auch abseits „unserer Veranstaltung“ gab es natürlich viel Gelegenheit, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, wobei ich sehr dankbar dafür war, Brigitte an meiner Seite zu haben, die Ort und Leute bestens kannte und fleißig unsere Infomaterialien verteilte.
Zu guter Letzt gab es inspirierende Vorträge und Impulse von faszinierenden Menschen – viel zu viele, um sie alle aufzuzählen. Einige aber seien doch exemplarisch genannt:
Konstantin Klingler
Der 19-jährige Konstantin Klingler berichtete von seinen bislang drei Unternehmungsgründungen. Mit 16 hatte er sich mit Freunden darüber verwundert, dass die Waren bei Online-Bestellungen über so weite Wege zu den Kunden verschickt werden. Die Bestandteile beispielsweise eines T-Shirts können mitunter mehrfach um die Welt gereist sein, bis es jemand endlich anzieht oder – schlimmer – ungetragen wegschmeißt, was ja leider mit gut einem Drittel der Kleidung in Deutschland geschieht.
Diese jungen Menschen wollten stattdessen eine Möglichkeit schaffen, dass Waren zwar online bestellt, dann aber klimaneutral per Fahrrad aus lokalen Geschäften ausgeliefert werden. Sie erstellten einen umfangreichen Businessplan, wie sie einen entsprechenden Online-Shop und die nötige Logistik aufbauen könnten. Ein als Gründer erfolgreicher Alumni ihrer Schule riet ihnen stattdessen zu einer möglichst simplen, aber sofort umsetzbaren Lösung. In der Folge fanden sie eine Buchhandlung, die zu einer Kooperation bereit war, nahmen Bestellungen per SMS entgegen und lieferten die Bücher per Fahrrad aus – innerhalb einer Woche hatten sie schon mehrere hundert Bestellungen. Die Skalierung überforderte die Jungunternehmer und als die Abschlussprüfungen näher rückten, mussten sie aus Zeitgründen ihr Unternehmen leider aufgeben. Anschließend entwickelte Konstantin noch eine Möglichkeit, am Handy via Facebook für die Mathe-Matura zu üben, um so den Schulweg schon effektiv nutzen zu können.
Nach einem Zivildienstjahr mit Straßenkindern in Ecuador gründete er eine Initiative, die einerseits Spenden sammelte, um diesen Kindern eine warme Mahlzeit in der Schule zu ermöglichen, und andererseits ein Mentorenprogramm mit Studenten der Universität in Quito umfasste. Als Resultat werden jetzt etwa drei von fünf Straßenkindern nach Schulabschluss studieren.
Konstantin zufolge können Schulen ihre SchülerInnen in ihren Impulsen am besten unterstützen, wenn sie ihnen die nötigen Freiräume ermöglichen, sie ermutigen und einen positiven Umgang mit Fehlern pflegen, Fehler also als Lernchancen begreifen und nicht als Versagen.
ratioDrink von Rafael Kugel
Ein weiteres Gründungsbeispiel ist ratioDrink von Rafael Kugel, einem Studenten von Günter Faltin. Die Idee dahinter war die Einsicht, dass die meisten Säfte aus Fruchtsaftkonzentrat hergestellt werden, und die Verwunderung, warum man das Konzentrat vor dem Verkauf an den Kunden im Verhältnis 1:7 mit Wasser verdünnt. Würde man stattdessen das Konzentrat direkt verkaufen, würde man 7/8 der Verpackung sparen und die Kunden hätten deutlich weniger nach Hause zu schleppen, wo mit dem Leitungswasser genügend Trinkwasser bester Qualität zur Verfügung steht, um das Konzentrat nach Belieben zu verdünnen.
Der besondere Trick bei ratioDrink war darüber hinaus, dass das gesamte Unternehmen aus Komponenten aufgebaut wurde, die als externe Dienstleistung von professionellen Anbietern eingekauft wurden. Folglich entfielen die meisten Investitionen und viele Risiken und Rafael Kugler musste täglich nur circa eine Stunde Zeit investieren, um sein Unternehmen zu führen und zu entwickeln.
Ich würde mich sehr freuen, könnten zu den nächsten Entrepreneurship-Summits in Berlin oder Wien einige Nyendo-SchülerInnen und -Coaches mitkommen – es lohnt sich!
Besuch in Ybbs
Nach dem Besuch des Summits in Wien hatte ich noch Gelegenheit, Brigittes Handelsakademie in Ybbs an der Donau zu besuchen, die seit 2017 Teil unseres Nyendo-Netzwerkes ist. An der HAK gehört es zum Curriculum, dass die SchülerInnen Schülerfirmen gründen, und ich durfte einem interessierten Jahrgang etwas über nyendo, unsere Zusammenarbeit mit den kenianischen Partnern und die aktuellen Projekte dort berichten. Gleich vier sich derzeit in Gründung befindende Schülerfirmen wollen ihre Gewinne für nyendo spenden.
Besonders interessant für sie war die Ausbildungskooperation unserer CIFEFA-Schulen mit NairoBits, einer seit 19 Jahren bestehenden Initiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, Schulabsolventen in Kenia eine Qualifikation im IT-Bereich zu ermöglichen.
Für zehn Euro pro Schüler monatlich könnten die Schulabgänger unserer Partnerschulen in den Slums an diesem Programm teilnehmen und bekämen bei Bedarf für diese Zeit sogar einen Laptop gestellt. Damit würden sie sich wichtige Kompetenzen erwerben für ihr zukünftiges Leben in einer auch in Afrika immer digitaleren Welt.
NairoBits
Ich bin sehr gespannt, was diese engagierten Jugendlichen auf die Beine stellen werden, und freue mich schon auf die Klausurtagung, wo einige von ihnen hoffentlich berichten werden. Herzlich willkommen im Nyendo-Team!
Brigitte Lindenhofer danke ich von Herzen für ihr Engagement, für ihre unglaubliche Gastfreundschaft und die Organisation dieser Reise!
Dr. Alexander Piecha, Institutsleiter nyendo.lernen UG