Mit großer Erleichterung hat der kenianische Präsident den aktuellen und zweiten Lockdown wie geplant am 10. Mai beendet. Die gegenwärtige Situation hat die Menschen und das Bildungssystem in Kenia sehr belastet, es gibt viele neue erschwerende Regeln. Die Selbsthilfe-Schulen in den Slums sind besonders hart betroffen. Unsere Freunde schätzen, dass im Kangemi-Slum nach dem ersten Lockdown von den davor existierenden 96 Community-Schulen 14 nicht mehr öffnen konnten und nach dem zweiten Lockdown wohl nur noch ungefähr die Hälfte der Schulen wieder zur Verfügung stehen. Es fehlen die Mittel für den Unterhalt der Schulen und die Bezahlung der Lehrer. Viele Lehrer mussten wegen Sperrung nach anderen, befristeten Verdienstmöglichkeiten suchen. Manche eröffneten einen kleinen Shop, verkauften Gemüse und Obst, arbeiteten als Hilfsarbeiter beim Bau, verdienten Geld mit dem Waschen von Kleidung oder erteilten Privatunterricht.
Als die Schulen wieder eröffnet wurden, kamen nicht alle Schüler zurück, einige waren aufs Land gezogen, andere in die völlig überfüllten, öffentlichen Schulen gewechselt und wieder andere blieben einfach zu Hause. Nicht alle Eltern sind in der Lage, Schulgebühren zu zahlen, viele Menschen haben ihr Einkommen verloren. Das stellt die Headmaster der Selbsthilfe-Schulen immer wieder vor die schwierige Entscheidung, ob und welche Schüler sie nach Hause schicken, weil sie kein Schulgeld zahlen. Wenn nämlich gar keine Schulgebühren entrichtet werden, können schließlich weder Miete der Schulräume noch Lehrergehälter bezahlt werden. Was auch immer an Schulgeld eingeht, wird unter den Lehrern als Bezahlung und für den Unterhalt der Schule aufgeteilt.
Die Headmaster unserer Partnerschulen haben darum teilweise neue Einnahmequellen erschlossen:
Veronicah eröffnete noch im ersten Lockdown auf einem Grundstück, das sie vor langer Zeit für einen Apfel und ein Ei erworben hatte, eine zweite Schule, die „Love-School Junior“ in Mlolongo mit jetzt schon 100 Schülern. In wenigen Wochen hat sie dort neun Wellblechräume gebaut, die als Klassenzimmer dienen. Um den Schulbau zu finanzieren, verkaufte sie u.a. ihre drei Kühe. Sie selbst besucht den Ort zweimal pro Woche und den Rest der Zeit gibt es zwei langjährige Lehrer der alten Love School Senior, die dort arbeiten und in der Nachbarschaft wohnen und so die neue Schule leiten können. Veronicah verkauft als eines ihrer kleinen Geschäftsideen Trinkwasser in Mlolongo und verdient damit ungefähr € 50,- pro Monat. Wie? Indem sie Wasser von der Stadt bringen und in ihren Tank füllen lässt und die Lehrer das Wasser Flasche für Flasche mit Gewinn an die Nachbarn verkaufen. Das Cyber-Café, das sie seit Jahren in Kangemi betreibt, läuft im Moment nicht so gut.
Evelyns Mann ist Zimmermann, dessen Möbelverkauf in seiner Werkstatt im Slum nicht genug einbringt, um die Ausfälle der Schuleinkünfte auszugleichen. Sie fanden einen anderen Raum außerhalb des Slums als Ausstellungsraum für seine fertigen Produkte. Dort gibt es mehr Nachfrage, einen größeren Markt. Noch wirft es kaum etwas ab, aber die Umsätze steigen langsam.
An der Kanyorosha School haben sie ihren Schulgarten bepflanzt. Patrick sucht nach interessierten Lehrern, die künftig die Verantwortung für den Schulgarten übernehmen. James schreibt und illustriert Lern- und Geschichtenbücher für Schüler. Sein Wunsch ist es, finanzielle Unterstützung zu bekommen, um einige seiner Arbeiten veröffentlichen können.